Veröffentlicht am 25. Juni 2025

Guerilla-Kampagnen mit Schüler*innen vor Gericht? Geht’s noch? Na klar!

Meinungsbeitrag

Meinungsbeitrag unseres Vorsitzenden Michael Sasse.

Aus dem Fenster seines Dienstzimmers hat der Präsident des Frankfurter Oberlandesgerichts aufmerksam alles verfolgt. Das hat er uns persönlich verraten. Aufgrund der erhöhten Sicherheitslage, des internationalen Medienaufkommens – und einer äußert ungewöhnlichen DEMOkratie-Aktion mit Schüler*innen vor dem Gericht in Frankfurt hatten wir nicht nur seine Aufmerksamkeit. Zum Prozessauftakt gegen den Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke wollte die hessische Demokratie-Initiative Offen für Vielfalt im Juni 2020 nicht sprachlos bleiben.

Da man Mahnwachen und Demonstrationen während Corona nur schwer vor einem Gerichtsgebäude anmelden kann, hatten wir eine kleine Guerilla-Aktion geplant. Einen Plakatwagen gebucht und die als Reaktion auf den Mord entwickelte Kampagne „Demokratische Werte sind unsterblich“ in großen Lettern darauf platziert.

Unsere privaten PKWs stellten wir am Abend vor dem Prozessbeginn direkt auf den Parkplätzen vor dem Haupteingang ab. Morgens um 6 Uhr parkten wir kurzerhand um – und platzierten den Plakatwagen dort. Und da Ansammlungen von zwei Personen im Abstand von mindestens drei Metern noch keine anmeldepflichtige Demonstration darstellen, platzierten sich die Schüler*innen aus Wolfhagen, dem Heimatort Lübckes, mit Schildern im Spalier auf den Gehweg. Der Regen hielt niemanden auf!

Was folgte?

Haufenweise Interviews für ARD und ZDF. Hörfunk und Tageszeitungen. Und ausländische Medien. Denn außer uns Hardcore-Demokrat*innen waren ansonsten nur noch versprengte, eher fragwürdige Initiativen vor Ort.

Das schönste Feedback gab es aber später von den Angehörigen des ermordeten Regierungspräsidenten,. Die Familie kam zum Ende des ersten Prozesstages zu den Schüler*innen, um sich zu bedanken. Die Witwe formulierte es später bei einem Treffen so: „Ihre Anwesenheit, zu wissen das wir nicht allein sind, hat uns durch diesen schweren Tag getragen.“ Ja, da sind bei uns ein paar Tränen geflossen.

Anteilnahme, Mitgefühl und Solidarität. Das ist es doch, was uns als Menschen ausmacht. Davon bräuchten wir heute noch viel mehr als 2020. Und endlich ein entschiedeneres Vorgehen gegen rechte Gewalttäter. Im vergangenen Jahr, 2024, registrierten die Sicherheitsbehörden sechs Tötungsversuche durch Rechtsradikale.